- seelische Krankheiten
- seelische Krankheiten,psychische Krankheiten, zusammenfassende Bezeichnung für psychisch, körperlich oder durch unbekannte Ursachen hervorgerufene Abweichungen des Verhaltens und Erlebens. Nach der von E. Kraepelin begründeten, von K. Bonhoeffer, K. Jaspers, K. Schneider u. a. erweiterten Systematik werden zwei Hauptgruppen unterschieden: 1) die endogenen und die durch organische Schädigungen und Krankheitsprozesse hervorgerufenen exogenen Psychosen; 2) seelische Reaktionen und Entwicklungsabweichungen wie neurotische, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Die üblichen Klassifikationssysteme orientieren sich weitgehend an Erscheinungsbild, Verlauf und Ursachen.Das bürgerliche Recht beschränkt zum Schutz seelisch Kranker deren Geschäftsfähigkeit. Wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, ist geschäftsunfähig, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 Nummer 2 BGB). Die bisher mögliche Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ist durch das am 1. 1. 1992 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) abgeschafft worden. Nach neuem Recht erhält ein Volljähriger, der aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann, einen vom Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen zu bestellenden Betreuer (§ 1896 BGB; Betreuung).Öffentliches Recht:Für den Staat war der seelisch Kranke lange Zeit nur von polizeirechtlichem Interesse. Inzwischen ist er weitgehend in das Recht der sozialen Sicherung einbezogen (Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung, Sozialhilfe u. a.). Spezialgesetze der Länder sehen Hilfen durch ärztliche, v. a. sozialpsychiatrische Behandlung vor. Sind wegen der Auswirkungen von seelischen Krankheiten Eingriffe in die Freiheit des Betroffenen erforderlich, können diese nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigungen, die den Anforderungen von Art. 104 GG genügen, erfolgen. So können bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch seelisch Kranke (v. a. bei erheblichen Selbstgefährdung) nach Landesrecht, zum Teil noch nach allgemeinem Polizeirecht, Schutzmaßnahmen getroffen werden, v. a. Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik. Diese kann nach fachärztlicher Begutachtung durch Entscheidung des Amtsgerichts auf Antrag der Verwaltungsbehörde unter Beteiligung des Betroffenen angeordnet werden.Im Strafrecht kann das Vorliegen seelischer Krankheiten bei einem Straftäter zu Schuldlosigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit führen (über die Voraussetzungen und möglichen Folgen Maßregeln der Besserung und Sicherung, Schuldunfähigkeit). Im Strafverfahren richtet sich die Unterbringung nach §§ 63 StGB, 81 und 126 a StPO.Die ambulante Versorgung bei seelischen Krankheiten erfolgt durch kassenärztlich zugelassene Ärzte für Neurologie und/oder Psychiatrie und Psychotherapie (gegebenenfalls Kinder- und Jugendpsychiater) und psychotherapeutisch ausgebildete Diplom-Psychologen sowie häufig auch durch Ärzte für Allgemeinmedizin. Von den bei seelischen Krankheiten notwendigen therapeutischen und Rehabilitationsleistungen übernimmt die Krankenversicherung nur einen Teil. Bestimmte Veränderungen hierzu soll das Psychotherapeutengesetz bringen, das 1999 in Kraft treten soll. Vielfach verlieren Personen mit seelischen Krankheiten aufgrund des langwierigen Verlaufs der Erkrankung den Versicherungsschutz (maximale Leistungsdauer des Krankengeldes wegen derselben Krankheit 78 Wochen innerhalb von 3 Jahren) und sind auf Sozialhilfe angewiesen. Eine wichtige Bedeutung bei Behandlung von oder Vorbeugung gegen seelische Krankheiten haben die psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen außerhalb der Kassenarztpraxen sowie die allgemeinen Beratungsstellen (Familien-, Erziehungs-, Sexual-, Drogenberatung) und die diversen Selbsthilfegruppen. Zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit seelischen Krankheiten wurden folgende Maßnahmen vorgeschlagen: der Ausbau von Tageskliniken, Ambulanzen, sozialpsychiatrische Diensten, Tagesstätten, Übergangsheimen und beschützten Wohnangeboten, Verbesserung der beruflichen Rehabilitation.Die Träger der Sozialhilfe erbringen nachrangig zur sozialen Kranken- und Pflegeversicherung Heil-, Pflege- und Hilfsmaßnahmen im Rahmen der Krankenhilfe. Auch Maßnahmen zur Eingliederung seelisch Behinderter können finanziert werden. Hierbei haben allerdings der Kranke und seine Unterhaltsverpflichteten ihr Einkommen und Vermögen bis auf geringe Freibeträge einzusetzen.Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:seelische Krankheiten: Neurosenseelische Krankheiten: PsychosenSchizophrenie und Therapie seelischer Erkrankungen
Universal-Lexikon. 2012.